Es pilzt gar sehr – aber anders als sonst

Die Überschrift verrät es schon: auch am heutigen Sonntag waren Molly und ich wieder unterwegs in den Wäldern – wie sollte es auch anders sein. Und ja: die Pilzsaison 2011 ist anders als sonst. Vielleicht ist man auch vom letzten Jahr zu sehr verwöhnt – Fakt ist: alles ist anders, nichts ist wie gewohnt.

Bevor ich den Wald betrat, der für heute auf dem Programm stand, sah ich mich noch einmal am Waldrand um, der mir vor zwei Tagen einen Raufußröhrling präsentierte, den ich bisher noch nicht genauer bestimmt habe. Dieses Unterfangen war von Erfolg gekrönt, denn das eine zurückgelassene Exemplar war bereits gewachsen, ein weiteres stand in der Nähe (hatte ich Freitag wohl übersehen) und ein größeres Exemplar (ebenfalls wohl übersehen) grinste mich frech an.

Nun ging es mit Molly in den daran angrenzenden, uns gänzlich unbekannten Abschnitt, dessen Vegetation bereits auf Distanz feuchte Gefilde erahnen ließ. So war es auch, als wir plötzlich in einem moorartigen Sumpf standen. Einen Weg zwischen Farn, Totholz, Holzbruch, Tümpeln, Gräben und dem Matsch auszumachen war gar nicht so einfach, aber Molly leitete uns gekonnt durch das Gebiet. Besonders auffällig war die Tatsache, dass sich hier sehr viele Exemplare des Lactarius lignyotus (Mohrenkopfmilchling) auf kleiner Fläche finden ließen – scheinbar gefällts dem dunklen Gesellen dort recht gut.

Wir bewegten uns vom Sumpf aus in das Waldstück, dass im letzten Jahr nur so von Steinpilzen wimmelte – aber ganz ohne Erfolg. Die einzigen Steinpilze waren bereits damit beschäftigt, sich wieder in die Erde zurückzuziehen. Es ging dann erst mal steil bergauf, denn ich hatte im Hinterkopf, dass wir im weiter oben liegenden Gebiet andere interessante Funde gemacht hatten. Die Pfifferlinge fühlten sich in diesem Wald auch recht wohl und so konnte ich eine beträchtliche Menge davon einheimsen. Oben angekommen ging es durch dichtes Unterholz, bis wir an einer Stelle herauskamen, die ich erst vor zwei Tagen inspiziert hatte – aber man übersieht ja häufig mal was und so durfte ich dort zwei schöne Lactarius volemus (Brätling) in meinen Korb wandern lassen.

Dann stand ich vor einem Pilz, den ich gestern beim Versuch einer Bestimmung des Lactarius torminosus (Birkenreizker) zunächst angesehen hatte und ich erinnerte mich, dass in der Beschreibung etwas von sehr scharfer Milch stand. Der scharfe Geselle hört auf den Namen Lactarius vellereus (Wolliger Milchling) und eine Geschmacksprobe bestätigte, trägt er diesen nicht zu Unrecht. Die Schärfe wich erst nach 20 Minuten wieder.

Irgendwie kam mit dann in den Sinn, dass ich vor zwei Jahren ganz in der Nähe mal eine Stelle entdeckt hatte, die von Pfifferlingen überzogen war und wo sich auch Brätlinge fanden. Ich wäre beinahe munter drauf los gestiefelt, im Kopf ein ganz anderes Bild vor Augen, als wir schon direkt dort standen – wir waren die ganze Zeit bereits in der Nähe dieses Fleckchens, ohne dass ich es gemerkt hätte. Und wie erwartet: Pfifferlinge in allen Größen und großer Menge. Auch der erhoffte Brätling stand ganz in der Nähe. Direkt neben den Pfifferling fand ich einen Becherling (?), der aber noch zu bestimmen ist – so fern das anhand der Aufnahmen möglich ist.

Wir machten dann einen Schwenk und bewegten und in eine andere Richtung, hin zu einer Stelle, die vor einigen Wochen bereits eine Überraschung mit sich brachte. Vorbei an alten Exemplaren des Schopftintlings hin zur Stelle, an der vor einer Woche ein vergammelter Steinpilz stand – aber auch dort war tote Hose. Also, wieder zurück zum Hauptweg und wie gehabt – ich rechnete schon damit und es war auch wieder genau wie beim ersten Mal. Beim Hinweg sieht man nichts, auf dem Weg zurück steht man direkt davor – eine Kreuzotter. Dieses Mal ein jüngeres Exemplar, aber nicht weniger beeindruckend.

So langsam war es dann an der Zeit den Rückweg anzutreten, denn von diesem Waldstück aus sind es noch gute drei Kilometer. Unterwegs sammelte ich noch Cantharellus tubaeformis (Trompetenpfifferling) und Laccaria amethystea (Violette Lacktrichterlinge), die ich am Vortag in großer Anzahl gesichtet hatte.

Eine Auswahl der Aufnahmen des heutigen Tages… dieses Mal deutlich mehr als sonst.

Ist denn schon Herbst?

Das Klima spielt verrückt – das ist ja nichts Neues. Aber wenn Herbstarten bereits Mitte August Einzug in den Wäldern halten, dann passt irgendwas gar nicht mehr.

Unser Ausflug begann, bedingt durch einige logistische Probleme, erst gegen 15 Uhr, denn Erika war Beifahrerin bei einem Möbeltransport, Swen fuhr den LKW und so musste ich erst einmal jemanden mit geeignetem Fahrzeug auftun – nicht allen gefällt die Idee, dass ein Hund im Auto mitfahren soll. Mein Freund Werner übernahm diesen Job dann und brachte uns in ein Waldstück, dass ich heute in Augenschein nehmen wollte. Im Gegenzug versprach ich ihm einen schönen Schwung Perlpilze – und ich hatte den Mund nicht zu voll genommen, denn sie wachsen momentan wirklich überall, an den unmöglichsten Stellen steht Amanita rubescens und strahlt den Suchenden an.

Die Röhrlinge, ausser den Sandröhrlingen, halten sich momentan zurück und es finden sich lediglich verschimmelte, zerfallene Maronenröhrlinge, einige Kuhröhrlinge und Pfefferröhrlinge. Umso größer war die Überraschung, dass ich einige Boleten fand: ein schöner Boletus edulis (Fichtensteinpilz), ein Boletus pinophilus (Kiefernsteinpilz), der unter der Wurzel einer Buche herauswuchs (es standen zahlreiche Kiefern in der Nähe) und einige bereits zerfallene Steinpilze, bei denen es sich vermutlich ebenfalls um Boletus edulis handelte.

An gewohnter Stelle fanden sich die ersten Totentrompeten – moment mal, im August? Ja, das scheint in der Pilzsaison 2011 nichts besonderes zu sein, denn Caro aus dem Schwammer-Forum hatte ebenfalls in den letzten Tagen die ersten Exemplare gesichtet. Ein derzeit häufiger Geselle ist Lactarius volemus (Milchbrätling), den ich bei den Ausflügen der letzten drei Tage stets fand. In diesem Jahr passt also gar nichts zusammen.

Beim Durchstreifen eines Mischwaldes, der sich aus Rotbuchen, jungen Eichen, Kiefern und Fichten zusammensetzt, entdeckte ich ganze Kolonien von Cantharellus tubaeformis (Trompetenpfifferling) und ganz in der Nähe befand sich ein Feld von Laccaria amethystea (Violetter Lacktrichterling). Also war Fleißarbeit angesagt, um die kleinen Fruchtkörper zu ernten – Molly saß in der Zwischenzeit in der Nähe und beobachtete die Umgebung, damit uns keine unliebsame Überraschung (a la Dobermann-Story) ereilt.

Mehr aus Zufall entdeckte ich an einem Baumstumpf in einem durch Forstarbeiten “aufgeräumten” Gebiet den ersten Hallimasch – nach meinen Erfahrungswerten ebenfalls zu früh, denn für gewöhnlich finde ich Hallimasch immer erst Anfang September. Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass die Temperaturen in diesem Sommer deutlich unter den üblichen Durchschnittswerten liegen, was das Mycel mancher Arten eben früher zur Fruktifikation anregt – das Mycel “denkt” also, es sei bereits Herbst.

Wir waren heute fast fünf Stunden unterwegs, legten dabei annähernd sieben Kilometer zurück und machten gute Beute. Selbst wenn sich die gewohnten Arten in diesem Jahr rar machen, bin ich mit dem Resultat zufrieden. Es muss nicht immer Steinpilz sein…

Die schönsten Aufnahmen des heutigen Tages als komfortable Galerie zum Durchklicken…

Die Artenvielfalt nimmt zu

Von der Wiege bis zur Bahre, feste Gewohnheiten sind das einzig Wahre – und genau deshalb ging es mit Molly prompt nach der Arbeit in die Wälder. Mein gestriger, ausserplanmäßiger Ausflug hatte meine Euphorie aufgrund der Trockenheit zwar gebremst, aber das tut der Sache ja keinen Abbruch. Unsere derzeitigen Touren sind hinsichtlich der Distanz nicht mehr so lange wie sonst, aber das gleichen wir mit Zeit aus und so waren wir auch heute wieder fast drei Stunden unterwegs, kreuz und quer, über Stock und Stein.

Den Röhrlingen bekamen die gegenwärtigen Witterungsverhältnisse nicht so gut, Maronenröhrlinge sind selbst im Jungstadium bereits durchwurmt oder von der Schneckenplage (Nacktschnecken) befallen – hingegen geben sich jetzt schon diverse Spätsommer-Arten ein Stelldichein. Was ganz deutlich auffällt, ist die verschwindend geringe Anzahl von Steinpilzen in der Pilzsaison 2011. Irgendwie wollen sie sich nicht so recht zeigen oder man findet lediglich alte Exemplare, die bereits dem Zerfallprozess unterliegen. Der Pfifferling jedoch erscheint dieses Jahr in großer Anzahl und Varietäten: Pfifferling (Cantharellus cibarius), Amethyst-Pfifferling (Cantharellus amethysteus) und Trompetenpfifferling (Cantharellus tubaeformis) finde ich momentan bei jeder Pilztour in großen Mengen.

Am heutigen Freitag wanderten insgesamt 14 unterschiedliche Arten in meinen Korb und es hätten problemlos mehr werden können, wobei ich manche bewusst an ihren Standorten zurückließ, um mir aufwendiges Putzen zu ersparen (bspw. Großer Schmierling, etc.).

Nachdem der Korb ausreichend gefüllt war, holte uns Erika zusammen mit Dita ab, die sich sichtlich freute, als sie ihre große Schwester Molly wieder begrüßen durfte. Als “Entschädigung” für die lange Trennungszeit, die sie allein verbringen musste, durfte sie dann im Garten mit Molly toben, Frisbee fangen und kämpfen – und schon war die Welt wieder in Ordnung. Wenn nur alles so einfach wäre…

Einige Momentaufnahmen des heutigen Tages und eine Übersicht der gefundenen Arten mit ihren lateinischen Bezeichnungen.