Die Welt der Pilze in Wort und Bild
Mein Vater fühlte sich heute nicht sonderlich wohl, bat mich den geplanten Besuch auf das Wochenende zu verschieben – vorher gab es bereits eine andere Planänderung und damit hatte ich nun einen unvorhergesehenen freien Tag.
Also was nun? Zuhause sitzen ganz sicher nicht! Mit den Hunden in den Wald? Nee, garantiert zuviel Bekloppte unterwegs! Allein in den Wald, einen speziellen Wald, den ich mal vor einigen Jahren besucht hatte? Hmm, regnet zwar wie blöd, aber das machen wir so!
Ankunft am Zielort nach geraumer Fahrtzeit und dort kam mir auch schon ein Pärchen entgegen, die auf mich sehr naturverbunden wirkten. Ich sprach sie an, weil sie eine Stofftasche dabei hatten, die deutlich ausgebeult war: “Servus, darf ich raten, was ihr in der Tasche habt?” und grinste beide an. Sie sahen mich sichtlich verwundert an, weshalb ich meine Aussage erläuterte, was ich da meine in der Tasche zu sehen und sie waren noch mehr irritiert… Wir führten ein tolles Gespräch über verschiedenste Themen rund um Wald, Natur und meine grundsätzlichen Theorien zum Waldabschnitt Zuguterletzt durfte ich einen Blick in die Tasche werfen und erhielt noch ein paar Hinweise. Dann ging die Wanderung auch schon los.
Steil bergauf – richtig steil bergauf, durch eine patschnasse Wiese, die Schuhe sogleich durchnässt bis auf die Socken und die Hose bis auf Kniehöhe ebenso – mir doch egal… gab ja ein klares Ziel vor Augen.
So stapfte ich also in Richtung des Waldes, fotografierte die ein oder andere Pflanze und erreichte nach kurzer Zeit den Waldrand. Direkt hinein, einige Meter steil bergauf, so richtig steil nach oben, aber die Luft war perfekt, es regnete, die Vögel zwitscherten – absolut perfekte Stimmung im Wald, wie ich es mir gewünscht hatte. Für die Hunde wäre das definitiv nichts gewesen, weil das Gelände einfach zu unwegsam, bewachsen und rutschig war.
Und dann war es tatsächlich soweit – ich hatte auf diesen Erstfund seit Ewigkeiten spekuliert: Da stand sie, ganz klein und wunderschön anzusehen: Die Käppchen-Morchel (Morchella semilibera, Syn.: Morchella gigas). Was ein toller Moment! Erst mal die Kamera gezückt, deren Objektiv ich immer wieder vom dunstigen Beschlag befreien musste. Das wurde im Laufe der Zeit immer schwieriger, weil ich zwischenzeitlich schon bis auf die Knochen durchnässt war… Jacke, Pullover, T-Shirt – alles feucht bis tropfnass… egal!
Weiter ging es den Steilhang nach oben. Ich entdeckte weitere Käppchen-Morcheln, ein Exemplar aus der Gattung der Faserlinge (vermutlich Psathyrella espinosa, aber nicht näher bestimmt), wiederum weitere Käppchen-Morcheln und dann stand sie vor mir – der nächste Erstfund, auf den ich seit Jahren spekulierte: Morchella esculenta alias Speisemorchel. Einfach fantastisch anzusehen und es wirklich ein heftiges Gefühl, wenn man seit Jahren auf der Suche nach einer Gattung/Art ist und dann endlich der Wunsch erfüllt wird.
Ich stieg weiter den Berg hinauf, es regnete in Strömen, aber das Jagdfieber war nun total ausgebrochen und dann ging es so richtig zur Sache. Abschnitte, bei denen ich auf allen Vieren kriechen musste, ganz vorsichtig (weil Morcheln wirklich Meister der Tarnung sind) und teilweise vier, fünf oder sechs Exemplare auf einem Fleck standen. So ging es gute zwei Stunden weiter.
Nachdem es langsam auf 19:00 Uhr zuging beschloss ich die Tour an der Stelle dennoch abzubrechen, aber natürlich – wie auch beim Sondeln – findet man dann beim Abstieg in Richtung Auto weitere Speisemorcheln und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Für mich war es der perfekte Vatertag, ich habe alles bekommen, was ich mir nur wünschen konnte und diese Tour wird definitiv im nächsten Jahr noch einmal wiederholt. Die Geo-Koordinaten sind gespeichert, sowohl im GPS als auch im Kopf und ich mach’ mir nun erst einmal eine wunderbare Morchelrahm-Sauce zu Pasta und hau mir ein, zwei Steaks in die Pfanne